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AN[GE]DACHT

Februar 2020

Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte

1.Kor 7,23


Dass man Knecht eines anderen sein kann, hat sich doch heute überholt. Ein Landarbeiter, der heute in einem landwirtschaftlichen Betrieb seiner Arbeit nachgeht, ganz ordentlich mit Lohnsteuerkarte und einem geregelten Feierabend, sieht sich nicht mehr als Knecht. Blickt man etwas über 100 Jahre zurück, war das noch ganz anders. Besonders auf den Rittergütern im Osten war die Leibeigenschaft zwar offiziell abgeschafft, aber in der Praxis bestand weiterhin eine starke Abhängigkeit von den „Herrschaften“, ohne deren Zustimmung nichts lief. Für viele Menschen war das ein Grund, sich eine neue Arbeit in der aufstrebenden Industrie zu suchen. Man wollte frei sein. Blickt man allerdings in die Chroniken mancher industriellen Großbetriebe, so herrschte auch dort ein ausgeprägtes patriarchalisches Denken nach dem Motto: Wie meine Arbeiter leben, bestimme ich!
Paulus geht in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth, aus dem unser Monatsspruch stammt, auf ganz konkrete Fragen ein, die ihm von Mitgliedern der Gemeinde gestellt worden waren. Dazu gehörte auch: Wie verhalte ich mich, wenn ich Christ geworden bin? Gelten dann noch die damals üblichen gesellschaftlichen Normen? In den Gemeinden lebten plötzlich Sklaven und freie Bürger, Reiche und Arme zusammen. Es gab Menschen, deren Wurzeln im jüdischen Denken verwachsen waren und andere, geschult im philosophischen Denken Griechenlands. Das bedeutete sozialen Sprengstoff. Hatten auch hier die Freien und Reichen das Zepter in der Hand, und die Knechte – damals in der Regel Sklaven – hatten in der Gemeinde zu gehorchen? Mit dem Rat, den Paulus den Gemeindegliedern in Korinth gibt, lenkt er den Blick in eine andere Richtung. Gott ist der Herr unseres Lebens. Was wir sind und haben, ist ein Geschenk Gottes. Dabei hat Jesus Christus, der Sohn Gottes, durch seinen Tod am Kreuz den Menschen die Möglichkeit angeboten, wieder Kindern Gottes zu werden, unabhängig von Macht und Stellung. Das befreit von Machtgelüsten und Unterdrückung. Menschen in der Nachfolge Jesu werden zu Geschwistern, nicht zu Gegnern. Nicht die Veränderung der persönlichen Lebensumstände ist das Ziel, sondern ein Leben in der Liebe zu meinem Nächsten.
Heißt das jetzt, dass Christen sich „Gott ergeben“ in ihr Schicksal zu fügen haben, dass alle soziale Ungerechtigkeit erduldet werden muss? Nein! Christen sind aufgerufen, auch heute Widerstand zu leisten, wenn es um soziale Ungerechtigkeiten geht. Weil Jesus Christus uns durch seinen Tod am Kreuz teuer erkauft hat, gibt er uns einen neuen Geist, der sich leiten lässt von Gottes Gebot, den Nächsten zu lieben, unabhängig von seinem sozialen Stand.


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